Die Arterhaltung der Pflanzen

Veröffentlicht in Umwelt und Natur

Liebe Altenholzer,

wir Menschen leben davon, dass die Natur immer auf Vermehrung eingestellt ist. Ob Milch von der Kuh, Ei vom Huhn, Apfel vom Baum, Brot vom Getreide oder Honig von den Blüten, wir nutzen den Lebenskampf in der Natur, die Arterhaltung durch Vermehrung.

Die Blütenfarben locken Insekten an, die auf ihrer Suche nach Nektar- und Pollennahrung für die Bestäubung der Blüten sorgen. Doch eine Bestäubung ist nur dann erfolgreich, wenn der richtige Pollen einer anderen Pflanze auf die empfängnisbereite Narbe gelangt. Danach muss noch die Befruchtung der Samenanlage, die Samenentwicklung, dessen Reifung, Verbreitung und Keimung am richtigen Standort erfolgen, bis sich eine neue Pflanze aus der Elterngeneration entwickeln kann. Wir Menschen denken an diese risikoreiche Weiterentwicklung nur manchmal, wenn z.B. während der Obstblüte Spätfröste einsetzen und wir um unsere Obsternte fürchten.

Die Pflanzen haben zu ihrer Arterhaltung vielfältige Strategien entwickelt, damit z.B. ihr Nektar und Pollen Belohnung für die Bestäubung ihrer Blüten bleibt und nicht ohne Gegenleistung zugänglich ist. So haben besonders Schmetterlings- und Lippenblütler einen komplizierten Blütenbau entwickelt, der jeweils auf ein gewünschtes Bestäubungsinsekt abgestimmt ist, sei es nun Fliege, Biene oder Schmetterling.

Viele ausdauernde Pflanzen können sich über die geschlechtliche Vermehrung hinaus zur Erhaltung ihrer Art zusätzlich ungeschlechtlich vermehren. Ihre unterirdischen Teile sind nicht nur Nährstoffspeicher für die Anfangspflanze in Form von Wurzelstöcken, Knollen oder Zwiebeln, sondern bilden daran Sprosse, Rhizome, Ausläufer oder Tochterzwiebeln, aus denen neue Triebe sprießen. So wird die Phlox-Staude von Jahr zu Jahr größer, die Lampionblume wandert durch den Garten, der kriechende Günsel macht seinem Namen alle Ehre und die Tochterzwiebeln der Narzisse bilden einen Kranz um die Mutterzwiebel.

Trotzdem ist es uns Menschen gelungen, die auf Dauer angelegten Nahrungsketten an vielen Stellen zu zerschneiden. Wir haben überall die Blütenvielfalt verringert, bieten weniger Nahrung für Insekten, damit weniger Nahrung für Vögel usw. So ist es ein schlechtes Zeichen, wenn Autofahrer erfreut feststellen, dass sie keine Insektenreste von der Windschutzscheibe schaben müssen.

Wer einen Garten hat, kann selbst viel zur Arterhaltung beitragen. Wer keinen hat, kann sich über jeden Wegrain oder Straßenrand freuen, der erst nach Blüte und Samenreife geschnitten wird, anstatt deren „Ungepflegtheit" anzuprangern.

Für den AKU
Helga Tewes